Eine selbstbestimmte Zukunft
Anne-Katrin im Interview mit Vivien Würker
Die gemeinnützige Ralf Rangnick Stiftung unterstützt Kinder, in ihrer Entwicklung zu selbstständigen und handlungsfähigen jungen Erwachsenen, unabhängig von ihrem sozialen Status. Mit ihrem ersten Förderprojekt, welches 2019 ins Leben gerufen wurde, trifft die Bildungsstiftung direkt einen Nerv bei den Leipziger Grundschulen, die sich Unterstützung im Bereich der Verkehrserziehung und Fahrradprüfung wünschen. Im Vordergrund des Projektes “Sattelfest” steht der quantitative und qualitative Ausbau der Radfahrausbildung in der Stadt Leipzig. Durch den Einsatz von mobilen Jugendverkehrsschulen an Leipziger Grundschulen, können Kinder verkehrssicheres Verhalten praktisch und realitätsnah üben. So unterstützt die Stiftung dabei, dass Kinder das Fahrradfahren erlernen und sich auf die Prüfung für den Erhalt des Fahrradführerscheins vorbereiten können. Wir sprechen mit Vivien Würker, Leiterin Marketing & Medien der Ralf Rangnick Stiftung, über das Förderprojekt “Sattelfest“.
Hallo Vivien, gib uns doch bitte zum Einstieg einen Überblick darüber, was es mit der Ralf Rangnick Stiftung auf sich hat?
Die Ralf Rangnick Stiftung wurde, wie es der Name schon verrät, von Ralf Rangnick initiiert. Er dürfte vielen Leipziger*innen als ehemaliger Trainer und Sportdirektor von RB Leipzig ein Begriff sein. Die Bildungsstiftung wurde 2018 gegründet und hat es sich zum Ziel gesetzt, die Bildungssituation an Grundschulen in relevanten Bildungsbereichen zu verbessern. Was viele nicht wissen, ist, dass Ralf Rangnick selbst Lehramt studiert hat – in den Fächern Englisch- und Sport. Er ist überzeugt davon, dass er seinen Erfolg auch der Tatsache zu verdanken hat, bereits von Kindesbeinen an unterstützt worden zu sein und weil Menschen in seinem Umfeld seine besonderen Fähigkeiten und Stärken gefördert haben. Das ist im Kern das, was wir als Bildungsstiftung erreichen möchten: Wir wollen Kindern frühestmöglich die Möglichkeit geben, ihre individuellen Stärken zu entdecken. Unser Bildungssystem ist teilweise stark darauf ausgelegt ist, uns zu zeigen, in welchen Dingen wir nicht gut sind. Umso wichtiger ist es, individuelle Fähigkeiten frühzeitig zu fördern. Wir engagieren uns ausschließlich an Grundschulen, weil wir der Meinung sind, dass dort der Grundstein für den Bildungsweg gelegt wird. Wir haben an Grundschulen die höchste soziale Durchmischung, denn die Zuteilung richtet sich nach dem Einzugsgebiet. In den weiterführenden Schulen haben wir diese Durchmischung nicht ganz so stark. Zudem fördern wir nur im gesamten Klassenverband und keine einzelnen Kinder, weil wir viel Wert auf Chancengleichheit legen und für jedes Kind die gleichen Voraussetzungen für den weiteren Bildungsweg schaffen wollen. Bildung ist die Voraussetzung für eine selbstbestimmte Zukunft.
In welchen Bereichen werdet ihr an Grundschulen tätig?
Wir haben vier Förderbereiche: Bewegung, Ernährung, MINT sowie Musik und Kreativität. In jedem Bereich gibt es ein entsprechendes Förderprojekt, um zum Beispiel die kreativen Fähigkeiten, Achtsamkeit für gesunde Ernährung, Motorik oder Begeisterung für Wissenschaft und Technik zu wecken und zu fördern.
Im Jahr 2019 habt ihr das Projekt “Sattelfest” ins Leben gerufen. Wie kam es zu diesem Projekt und was beinhaltet es?
Das Projekt “Sattelfest” ist tatsächlich unser erstes Projekt gewesen. Als Ralf Rangnick die Stiftung gründete, er fragte in Gesprächen mit dem Oberbürgermeister, an welchen Stellen es in Leipzig den meisten Handlungsbedarf geben würde. „Bildung“ war die Antwort. Um gezielt herauszufinden, wo der Schuh drückt, wurden 2018 alle Grundschulleiterinnen und Grundschulleitern ins RB Leipzig Stadion eingeladen. Im Rahmen dieses Austausches wurde deutlich, dass insbesondere Handlungsbedarf bei der Fahrradausbildung und Verkehrserziehung an Schulen besteht. Nicht alle Kinder besitzen ein eigenes Fahrrad und vermehrt können auch die Eltern nicht Fahrrad fahren. Der Impuls für das Projekt kam also von den Schulen selbst. Daraufhin haben wir “Sattelfest” ins Leben gerufen und zwei große VW-Busse mit 13 Kinderrädern, Helmen, Westen, Hütchen und Schildern ausgestattet – alles, was für einen großen Fahrradparcours benötigt wird. Wir gewannen die Polizei, die Verkehrswacht und die Stadt Leipzig für dieses Projekt und den ersten Aufschlag der Stiftung. Im Schuljahr 2019/20 haben wir 244 Kinder und im Schuljahr 2020/21 379 Kinder erreicht. Bis zum Beginn der Pandemie haben durch das Projekt also mehr als 623 Kinder Radfahren gelernt! Im Zuge der Corona-Pandemie hat sich die Relevanz dieses Projekts noch weiter verstärkt: Zum Einen mussten viele Fahrradprüfungen ausfallen, Kinder hatten weniger Bewegung und die Schulen einen ganz anderen Fokus. Die Polizei bestätigte uns zudem, dass sich die Motorik der Kinder verschlechtere und jedes dritte Kind gar nicht in der Lage war, an der Fahrradprüfung teilnehmen zu können. Seit Juli 2021 kommt noch erschwerend hinzu, dass eine neue Verordnung gängige Fahrradprüfungen im öffentlichen Raum untersagt. Das bedeutet, dass die Fahrradprüfungen nur auf dafür vorgesehenen Verkehrsübungsplätzen durchgeführt werden dürfen. Wir haben über 80 Grundschulen in Leipzig – aber zu wenige Verkehrsübungsplätze. Es ist schlichtweg zu wenig Infrastruktur vorhanden, um alle Schulen angemessen zu bedienen. Auf unser Bestreben hin konnte an der Kurt-Masur-Grundschule mit Unterstützung der Stadt Leipzig ein zusätzlicher Verkehrsübungsplatz gebaut werden. Für das kommende Schuljahr planen wir, den Einsatz von mobilen Verkehrsschulen für Grundschulen anzubieten, damit in Zukunft noch mehr Kinder die Fahrradprüfung schaffen.
Was wünscht ihr euch für die Zukunft in Leipzig?
Wir sehen, dass die Stadt Leipzig vermehrt in schöne, grüne Radwege investiert und sich auf den vermehrten Radverkehr einstellt. Das ist wichtig und wertvoll für die Entwicklung nachhaltiger Städte. Wir würden uns zudem wünschen, dass dabei auch auf die Jüngsten unter uns geschaut wird. Die Grundlagen für eine sichere Teilnahme am Straßenverkehr müssen frühestmöglich vermittelt werden. Unser Wunsch für das Projekt „Sattelfest“ wäre daher, dass Investitionen in die Verkehrsausbildung getätigt werden und ein neuer Verkehrsübungsplatz in der Stadt entsteht, auf welchem Kinder und auch Erwachsene Fahrradfahren lernen können.
Vielen Dank.
Mehr zum Projekt “Sattelfest” unter: https://www.ralfrangnickstiftung.de/de/projekt.html/3_projekt-sattelfest-lizenz-zum-radeln